In vielen Regionen der Erde haben sich die Böden infolge der intensiven Bodenbearbeitung, dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und der Dünger auf Salzbasis erheblich verschlechtert. Bodenerosionen, ausgelöst durch mangelnde Infiltration der Niederschläge, sind auch in unserer Heimat sichtbare Zeichen einer beeinträchtigten Bodenbiologie.
Wüstenbildung beginnt, wo der Regen nicht in der Fläche gehalten wird!
Angesichts steigender Temperaturen und ausgeprägter Trockenzeiten muss sämtlicher Niederschlag in der Fläche gespeichert werden, darf weder oberflächig ablaufen, noch verdunsten. Eine der wichtigsten Aufgabe des Landwirts ist es, den Regen im Boden festzuhalten. Der australische Mikrobiologe Prof. Walter Jehne beschrieb treffend die Aufgabe des Humus im Boden als Kohlenstoff-Schwamm. Ein Prozent höherer Humusgehalt speichert zusätzlich ca. 140.000 – 160.000 Liter Wasser je Hektar. Die Verdunstung und Transpiration der Pflanzen kühlen die Umgebung, führen zur Taubildung und in der Auswirkung zu häufigeren leichten Landregen. Diese „kleinen Wasserkreisläufe“ sind mit ca. 40 % der Regenmenge entscheidend für das Pflanzenwachstum und die Trinkwasserneubildung. Der Humusgehalt im Boden hat damit einen direkten Einfluss auf das Klima. Wasserdampf in der Atmosphäre kann sich durch höhere Temperaturen und Sonneneinstrahlung mit Energie aufladen und als große Stürme zu großen Verwüstungen führen. Aus Gründen des Klimaschutzes sollte alles getan werden, den Wasser-speichernden Kohlenstoffschwamm im Boden dauerhaft zu erhöhen.
Humusaufbau ist möglich, aber wie?
Den entscheidenden Hinweis lieferte die australische Bodenkundlerin Christine Jones.
Boden entsteht nicht durch Verwitterung, sondern ist ein Ergebnis der Photosynthese von Pflanzen.
Liquid-Carbon-Pathway Flüssiger Kohlenstoffweg: Den flüssigen Zucker der Photosynthese teilt die Pflanze mit den Pilzen und Bakterien im Austausch von Mineralien und Wasser. Auf diesem Weg werden in der Vegetationsperiode ca. 30 – 40 % der Kohlenhydrate über die Wurzeln zur Ernährung der Bodenorganismen abgegeben. Diese Mikroorganismen und ihre Substanzen bestehen aus Kohlenstoff, der Energieform des Bodens. |
Bodenbildung durch Photosynthese
Gesunder Boden ist die Verbindung mit dem Leben in Form von Milliarden mikroskopisch kleiner Organismen. Je höher die Photosynthese-Leistung im Jahr auf der Fläche ist, umso besser werden diese Mikroorganismen ernährt, je fruchtbarer ist der Boden. Wichtige Funktionen, wie die Umwandlung von Nährstoffen in eine pflanzenverfügbare Form, der Erhalt der Bodenstruktur und die Wasserhaltefähigkeit sind ohne Bodenorganismen nicht möglich. Nicht der Eintrag großer Mengen organischer Masse in Form von Kompost und Stallmist führt zum Humusaufbau, sondern die konsequente Wiederherstellung des belebten Bodens. Diversität im Bewuchs befördert die Diversität des Bodenlebens. Eine herausragende Bedeutung kommt den Bodenpilzen, insbesondere den in Symbiose mit den Pflanzen lebenden Mykorrhiza-Pilzen zu. Die von ihnen gebildete Eiweißverbindung Glomalin hält als wichtiger „Klebstoff“ die Bodenteilchen zu stabilen Aggregaten zusammen, gibt dem Boden seine dunkle Farbe und ist mit ca. 50 % Hauptbestandteil des Humus. Pilzhyphen erschließen verdichtete Bodenareale, die für die Wurzeln nicht erreichbar sind. Sie versorgen Pflanzen und andere Bodenorganismen mit Wasser und Nährstoffen. Immer stärker rückt die Bedeutung eines intakten Bodennahrungsnetzes, dem „Soil Food Web“, wie von Prof. Elaine Ingham beschrieben, in das Bewusstsein der Landwirte. In der Natur gibt es keine Abfälle, jedes Glied in der Nahrungskette, angefangen von den Bakterien, Pilzen über Nematoden, Protozoen, Regenwürmern bis hin zu den sichtbaren Tieren im Boden ist wichtig.
Wie ernährt sich die Pflanze?
Einen weiteren bedeutenden Paradigmenwechsel zeichnet sich bei der Aufnahme der Nährstoffe durch die Pflanze mit der Entdeckung des Rhizophagen-Kreislaufs durch Prof. James White 2017 an. Er erforschte die Rhizosphäre, d.h. diesen ca. 2 mm breiten, mikrobiologisch hoch aktiven Wurzelbereich, an dem der große Austausch stattfindet. White beobachtete den Wechsel von freilebenden Bakterien in der Rhizosphäre zu einer intrazellulären Wurzelphase als hüllenlose Protoplasten innerhalb der Pflanze und deren Wiederaustritt über die Wurzelhärchen in den Boden.
Im Bereich der Wurzelspitze werden die Mikroben gezielt durch Ausscheidungen (Exudate) im Schleimpfropfen von der Pflanze angelockt und regelrecht kultiviert. Über Zellen des Vegetationspunkts der Wurzelhaube, dem Meristem, gelangen die Mikroorganismen in die inneren Wurzelzellen im Bereich der Außenhaut. Mit dem Eintritt in die Zellen verlieren die Bakterien ihre Proteinhülle und werden zu hüllenlosen Protoplasmen. Die Pflanzen gelangen so an Nährstoffe und Stickstoff aus der Proteinhülle. Sauerstoffperoxide, die von dem Vegetationspunkt ausgeschieden werden, wirken offenbar selektiv auf die Mikroorganismen. Während einzelne Mikroorganismen ganz zerlegt werden, teilen und vermehren sich andere entlang der Zellstreckungszone. An Stellen, an denen es zu einer Anreicherung an Protoplasten kommt, entstehen Wurzelhaare als Ausstülpungen der Wurzelzellen, über deren Spitze die Protoplasten wieder in die Bodenzone austreten. Nach dem Verlassen der Wurzelhaare bilden sie erneut eine Proteinhülle und laden sich auf dem Weg zur Wurzelspitze wieder mit Nährstoffen auf.
Ohne Mikroorganismen in der Rhizosphäre werden keine Wurzelhaare ausgebildet
Ein erdbehangener Wurzelbart zeugt von einem belebten, fruchtbaren Boden. Fehlen jedoch die Mikroorganismen in der Rhizosphäre, bildeten die Wurzeln keine Wurzelhaare aus, was Prof. White durch Sterilisation von Samen und Boden zeigen konnte. Folglich sollten bereits die Samen mit einer Vielfalt an richtigen Mikroorganismen geimpft werden.
Was sind die richtigen Mikroorganismen
Der Lösung ein Stück näher kam Prof. David Johnson (New Mexico State University) durch seine Untersuchung verschiedener Kompostierungsmethoden von Rindermist der Feedlots, der Massentierhaltung von Rindern unter freiem Himmel. Er brachte die verschiedenen Komposte auf gewachsenen Parzellen auf, untersuchte die Nährstoffgehalte im Boden, sowie einige biologische Parameter im Zusammenhang mit dem Ertrag. Die Ergebnisse überraschten alle, doch sie reihen sich in die voran aufgeführten Erkenntnisse ein. So wurde keine Korrelation zwischen dem Pflanzenwachstum und dem Stickstoffgehalt (R²=0,001) im Boden festgestellt. Auch der Einfluss der anderen Hauptnährstoffe Phosphor (R²=0,041), Kalium (R²=0,003), sowie selbst der Gehalt an organischer Masse (R²=0,122) im Boden auf das Pflanzenwachstum war minimal. Einzig das Verhältnis der Pilze- zu Bakterienmasse im Boden korrelierte mit R²=0,88 sehr stark mit dem Pflanzenwachstum und damit dem Ertrag.
Diese neuen wissenschaftliche Erkenntnisse konnten direkt in die landwirtschaftliche Praxis auf größeren Flächen übertragen werden. Über die Impfung des Saatgutes mit einem Wasser-Extrakt aus einem Pilz-dominanten Kompost in Kombination einer Komposttee-Spritzung nach dem Auflaufen der Kultur wurde unter den ariden Bedingungen in New Mexico bereits im ersten Jahr der Ertrag deutlich gesteigert. Auch die Nährstoffgehalte in der Pflanze und damit die Qualität verbesserte sich. Unter dem Begriff Johnson-Su-Bioreaktor (JSB) sind inzwischen zahlreiche Veröffentlichungen inklusive praktischer Hilfen der von Prof. David Johnson und seiner Frau Hui-Chun Su entwickelten Kompostierung im Netz zu finden.
Johnson-Su-Bioreaktor als Inokulum für Böden
Bei dieser statischen Kompostierung nach Prof. Johnson entfällt das arbeitsaufwändige Wenden. Ausgangsmaterial sind Lignin-reiche Grundstoffe, häufig Abfallprodukte, wie kleingehäckselter
Heckenschnitt, Laub, altes Heu. Wichtig ist das lockere Einfüllen des gut angefeuchteten Materials. Nach durchlaufener Heißphase folgt eine Wurmkompostierung durch das Einsetzen von
Kompostwürmern. Die Sauerstoffzufuhr wird durch die geschickte Anordnung von Lüftungsröhren im Kompost und die Unterbodenlüftung auf einer Palette gewährleistet. Die auf dem Bild sichtbaren Rohre
werden nur während der Befüllung benötigt und nach 1-2 Tagen wieder entfernt. Ausreichende Feuchtigkeit des eingefüllten Materials (72 %) ohne Störung durch das Wenden fördern von Beginn an das
Pilzwachstum. Einmal aufgesetzt gewährleistet die Bauweise eine ausreichende Sauerstoffzufuhr. Ständig feucht (ca. 2-4 l/Tag) gehalten ist der Kompostmeiler nach 9 Monaten ausgereift. Das
Endprodukt ist von hoher Qualität, nährstoffreich mit hoher mikrobieller Biomasse und Diversität. Mit der Vielzahl an Pilzsporen, Bakterien, Enzymen und Pflanzenhormone ist es ein hervorragendes Ausgangsmaterial für Komposttees und einfachen wässrige Extrakten. Nach Johnson werden 2 kg/ha in Suspension mit einer
Wasser-Milch-Melasse-Mischung zur Saatgutimpfung benötigt. Alternativ kann eine Applikation direkt auf das Samenkorn in der Drillreihe erfolgen, bzw. das Besprühen beim Setzen von Jungpflanzen.
Eine zweite Behandlung mit Komposttee nach dem Auflaufen der Pflanzen ergänzt die Behandlung. Nach nur 1,5 Jahren konnte Johnson mit BEAM (Biologically Enhanced Agriculture Management), der
biologisch verbesserten Anbaumethode, gegenüber der konventionellen Anbaumethode (168 kg N/ha) den Ertrag um das 5-Fache steigern. Zudem wurde durch die Speicherung von Kohlenstoff als Humus der
Boden verbessert. Der Bedarf an Beregnungswasser sank auf die Hälfte.
„Wir haben seit 100 Jahren versucht Pflanzen so zu manipulieren, dass sie auf verarmten Böden wachsen. Anstelle sich auf den Boden zu konzentrieren, um zu
sehen, was Pflanzen leisten können, haben wir die Pflanzen züchterisch bearbeitet und sehen, was passiert, wenn die Pflanzen optimale Bodenverhältnisse vorfinden.“ David
Johnson
Über die eigene Facebook-Gruppe (Johnson-Su) teilen Landwirte länderübergreifend ihre Erfahrungen, geben Tipps beim Bau und bestätigen aus der Praxis heraus die Untersuchungen von Prof. Johnson.